Die andere Sicht von Verhalten 2

Verhalten ist bewusstes und unbewusstes Lernen– Inhalte des Webinars vom 18.01.2023

Diese Sicht eines Verhaltens dürfte Dir bekannt sein – Du kennst es aus der Hundeschule. Jedes Kommando, jedes Signal, welches Deine Fellnase dort lernt, ist Konditionierung. Die instrumentelle, wie aber auch die klassische Konditionierung zeigt, dass ein Hund hierbei immer über Verknüpfungen (Assoziationen) lernt, entweder weil er einen neutralen Reiz (Glocke/Pawlow) mit einem für ihn nicht kontrollierten Verhalten (Speichelfluss + Futter) verknüpft oder weil Dein Hund feststellt, dass ein bestimmtes durch Ausprobieren, zufälliges Verhalten (betätigen eines Türhebels/ Thorndike / Skinner) eine bestimmte Konsequenz (an das Futter zu kommen) nach sich zieht. Auch dies stellt eine Verknüpfung da. Die Tatsache, dass der Hund über Verknüpfungen lernt, bedeutet jedoch auch, dass er in einem Moment des Erschreckens (z.B. Knaller) oder durch einen Schmerz (z.B. Leinenruck oder einschneidendes Geschirr) und gleichzeitigem Anblick eines Fahrradfahrers, dann diesen Fahrradfahrer mit dem Schmerz verknüpft – und jetzt kannst du Dir ja vorstellen, dass dieser Hund sich Fahrradfahrer dann zukünftig vom Laib halten will- also wie im Blockbericht 01/2023 beschrieben, die Distanz vergrößern möchte! Das gilt auch für bestimmte Orte, Autos, Mensch mit Regenschirm oder leider auch Kinder.

Ein Hinweis zum Thema Hundewiese: „ Mein Hund muss ja auch mit anderen Hunden spielen und viele Rassen kennenlernen! „- so eine ebenfalls häufig gut gemeinte Aussage. Da spricht auch erstmal nichts gegen, jedoch sollten diese Zusammentreffen sehr wohl dosiert und gut beobachtet werden. Denn hat der Hund hier mit rauem Verhalten immer Erfolg (instrumentelle Konditionierung) – lernt er auch hier und wird sich dann auch mit 30 kg und mehr so Verhalten. Oder aber Dein Hund ist ständig der Unterlegene und wird vielleicht sogar von mehreren Hunden auf der Wiese gemoppt – dann ist später die Wahrscheinlichkeit hoch, dass das Treffen auf einen Artgenossen nicht gerade harmonisch verläuft.

Eine elementare weitere Form des Lernens findet aber auch schon einige Zeit, bevor die Fellnase zu uns kommt, statt. Die sogenannte Habituation, die unbewusste Gewöhnung an die Umweltreize. Hierbei wird der Welpe mehrfach einem bestimmten Reiz ausgesetzt. Der Welpe stellt fest, dass ihm nichts Schlimmes widerfährt und seine anfängliche „Schreckreaktion“ flacht immer mehr ab. Wenn Du in der Nähe einer Kirche wohnst, wirst Du mir bestätigen, dass Du das Glockengeläut irgendwann gar nicht mehr bewusst wahrnimmst – Habituation! Wird diese Habituation bei Welpen behutsam mit möglichst vielen Umweltreizen bereits beim Züchter vorgenommen, ist schon mal der Grundstein für ein entspannten Start in ein neues Leben gelegt. Aber vielleicht hast Du ja eine „Second-Hand- Fellnase“ und Du kennst nur wenig bis gar nicht die Vorgeschichte und Dein Hund zeigt z.B. Meideverhalten oder sogar Panikattacken – dann sollte auch diese Sicht in der Spurensuche bei der Verhaltensidee Deiner Fellnase nicht fehlen.

Es kann aber auch sein, dass Dein Hund keine Ruhe findet, immer auf „on“ ist und bei neuen Reizen oder Umgebungen sofort hochdreht und nur schwer wieder zu beruhigen ist – eine Gewöhnung, wird Sie zu schnell und mit zu vielen Reizen (Reizüberflutung) auf einmal vorgenommen, kann die eigentlich positive Lernerfahrung auch ins Gegenteil umschlagen – der Hund wird sensibilisiert, ist überfordert und wird früher oder später auf Umweltreize immer heftiger reagieren. Kommt dann noch hinzu, dass der Hund sein Schlafpensum nicht einhält von 18-20 Stunden(!), zeigen diese Hunde immer weniger Stressresistenz und verhalten sich dann “völlig drüber“! Viele Hundehalter meinen es in der Anfangszeit (das gilt übrigens nicht nur für Welpen und Junghunde!) meist viel zu gut und zeigen in kürzester Zeit dem Neuankömmling alles, was nur geht – sie erahnen nicht, dass solch ein Hundegehirn so viel Reize gar nicht verarbeiten kann und aus Hilflosigkeit früher oder später dann die unterschiedlichsten Verhaltensideen an den Tag bringen.

Also wie mit so vielem – auf die Dosierung kommt es an oder wie ein bekannter Arzt und Naturforscher mal äußerte: „Alle Dinge sind Gift, und nichts ist ohne Gift; allein die Dosis machts, dass ein Ding kein Gift sei.“ Dieses Zitat von Paracelsus resultiert eigentlich aus seinem Studium der Arzneipflanzen – ich finde aber, das Zitat ist auch hier sehr passend!!

Du merkst, wie allein eine Sicht auf die unterschiedlichsten Lernprozesse, einen anderen Blick auf die Verhaltensidee Deiner Fellnase werfen kann.

Du denkst das Verhalten Deines Hundes kann auch mit einer Lernerfahrung zusammenhängen? Dann habe ich hier eine Empfehlung für Dich: Nutze das kostenlose Kennlerngespräch – der erste Schritt für ein entspanntes Mensch-Hund Team.

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